Freitag, 7. Oktober 2016

Wochenende 3 - Unter Deutschen



Hallo zusammen,


Es ist ja schon Oktober! Ich habe gar nicht bemerkt, wie schnell die Zeit vergeht. Außerdem ist von grauem Herbstwetter hier auch keine Spur. Den Oktoberanfang habe ich bei angenehmen 25 Grad und strahlendem Sonnenschein verbracht.

Am letzten Septembertag ist eigentlich nichts Aufregendes passiert. Freitags habe ich immer schon um drei Uhr frei, danach habe ich nur noch ein bisschen Schreibkram erledigt und meine Freizeit genossen. Am Samstag war ich endlich wieder in deutscher Gesellschaft. Morgens um 10 Uhr wurden meine Gastoma und ich von einer Familienangehörigen (die genaue Verwandschaftsbeziehung habe ich mal wieder nicht verstanden) abgeholt und in den Stadtteil Athlone gebracht. Dort wurde ich beim Haus der Gastfamilie von Laura, Laura und Betti abgesetzt. Die drei kenne ich von meinem Vorbereitungsseminar vom ICJA, auf dem ich Anfang August war. Sie absolvieren ebenfalls einen einjährigen Freiwilligendienst und sind schon seit Mitte August hier. Insgesamt befinden sich ungefähr 10 Freiwillige vom ICJA hier in Kapstadt, ich bin also doch nicht ganz allein. Mit Laura und Betti bin ich dann gegen 12 zu einem Second-Hand-Market in der Nähe gefahren. Dort gab es sehr viele schöne, gebrauchte Kleidungsstücke, und ich musste mir immer wieder in Erinnerung rufen, dass ich in einem Jahr meinen Koffer noch schließen können muss. Ein Teil habe ich dann aber doch gekauft, ein kariertes Hemd für 70 Rand. Das sind umgerechnet gerade einmal 3,50 Euro! Dazu gab es auf dem Markt auch sehr leckeres Essen. Zuerst hatte ich eine Falafeltasche (türkische Esskultur gibt es auch hier), und zum Nachtisch einen Möhrenmuffin – ohne Zucker. Ich muss ja hier auch manchmal auf meine Linie achten. Insgesamt habe ich den Tag sehr genossen. Es war schön, mal wieder mit vertrauten Personen unterwegs zu sein und sich über die vielen neuen Erfahrungen auszutauschen. 







Am Sonntag bin ich mit meiner Gastoma in die Kirche gegangen. Obwohl es eine katholische Kirche war, unterschied sich die Messe von den Messen in Deutschland und auch von den Messen in Rosy’s Kirche, bei denen ich bis jetzt war. Die Musik dröhnt lautstark über Lautsprecher und der Text wird auf eine Leinwand gebeamt. Zu schnellen Rhythmen wird Halleluja gebrüllt, und es singt auch wirklich jeder mit. So entsteht eine sehr lebendige Stimmung, die ich sehr genossen habe. Nach der Messe sind wir einkaufen gefahren. Ja, in Südafrika sind die Geschäfte auch sonntags geöffnet, zumindest in den großen Malls. Zitat von meiner Mama: „Dann ist Südafrika ja noch kapitalistischer als Deutschland!“ Den Weg zur Tokai Blue Route Mall haben wir dann im Minibustaxi zurückgelegt – sehr abenteuerlich. Minibustaxis sind kleine Bullis, die neben dem Fahrersitz über 14 Sitzplätze verfügen. Diese Kapazität wird aber durch quetschen und Kinder auf den Schoß nehmen auch gerne mal auf 20 Personen ausgeweitet. Eine Fahrt kostet 7 Rand, bei größeren Entfernungen manchmal an die 10. Doch selbst das sind umgerechnet gerade einmal an die 70 Cent, daran sollten sich die deutschen Nahverkehrsbetriebe mal ein Beispiel nehmen. Ob die Minibustaxis nach einem Fahrplansystem fahren habe ich noch nicht so durchschaut, aber es scheint zu funktionieren. So sind wir auch bald an der Mall angekommen. Man bekommt hier in Südafrika wirklich alles. Die Malls erinnern eher an die USA als an Europa und die Supermärkte, die sich eng aneinander reihen, sind riesig. Selbst importierte Lebensmittel sind nicht teuer. Es gab sogar deutschen Ketchup, deutsche Schokolade und Wiener Würstchen. Daran kann man mal wieder sehen, dass Südafrika ein sehr entwickeltes Land ist, in dem ich auch garantiert nicht verhungern werde. Als meine Gastoma dann nach drei Stunden foodshopping alles beisammen hatte, sind wir wieder mit dem Minibustaxi nach Hause gefahren. An dem Abend habe ich Spinatlasagne zubereitet, die großen Anklang gefunden hat. Vielleicht kann ich mir ja doch was auf meine Kochkünste einbilden.




In der letzten Woche gab es einige Begegnungen mit Personen, die mich berührt haben, und die ich gerne mit euch teilen würde. Die erste Person ist die Gastmutter von den drei deutschen Mädchen. Neben Laura, Laura und Betti wohnen noch zwei deutsche bei Mora. Trotzdem hat sie mir fast direkt in dem Moment, als ich herein gekommen bin, angeboten, doch auch mal dort zu übernachten. Obwohl sie mich im Prinzip gar nicht kannte, war sie sofort sehr gastfreundlich und fürsorglich. Es ist nicht selbstverständlich, jemand Fremden so ein Angebot zu machen, obwohl man schon fünf andere Volunteers bei sich wohnen hat, und ich weiß das sehr zu schätzen. Manchmal sind es so kleine Dinge, durch die ich mich hier in diesem Land willkommen fühle. Dazu gehört auch mein nächstes Erlebnis. Als ich mit meiner Gastoma im Supermarkt war, erhielt sie einen Anruf von ihrem Schwager. Der stand wohl grade vor ihrer verschlossenen Haustür, weil er etwas vorbei bringen wollte. So ist er kurzerhand zur Mall gefahren und stand wenig später neben uns am Obstregal. Zunächst gab er meiner Gastoma einige Dinge, dann drehte er sich zu mir und zog ein Buch mit einem braunen Ledereinband, auf das mein Name gedruckt war, aus seiner Tasche. Er hat früher als Buchbinder gearbeitet und tut dies zum Zeitvertreib nach seinem Renteneintritt immer noch. Ich habe diesen Mann in meinem Leben noch nie zuvor gesehen, und trotzdem hat er mir dieses Geschenk gemacht und an mich gedacht. Ich war den ganzen Tag noch sehr berührt und habe mich über diese Aufmerksamkeit wirklich sehr gefreut (auch wenn ich kurzerhand zu Kristin wurde – meinen Namen kann hier einfach niemand richtig aussprechen. Aber darüber kann ich wohl hinweg sehen.) Bei der letzten Begegnung, die mich diese Woche berührt hat, handelt es sich um eine Begegnung mit einer Frau aus der Nachbarschaft. Ihr Name ist Desiree und sie ist mit meiner Gastoma befreundet. Als ich am Dienstag von der Arbeit wieder kam, standen die beiden gemeinsam auf der Veranda. Nachdem wir uns begrüßt hatten, fragte sie ganz besorgt nach meinem Befinden. Ich versicherte ihr, dass es mir blendend ging. Daraufhin erklärte sie mir, dass sie einen Traum von mir hatte, in dem ich sehr krank war, und dass sie nun sichergehen wollte, dass es mir gut geht. Vielleicht werden das nun manche als abergläubisch abtun, aber ich will damit sagen, wie lieb und fürsorglich von dieser Frau es ist, extra deswegen vorbei zu kommen und sich nach meinem Befinden zu erkundigen. Auch sie kenne ich erst seit kurzer Zeit, und trotzdem ist sie um mich besorgt. Die Menschen begegnen mir hier mit sehr viel Wärme und Freundlichkeit, wodurch es mir sehr viel leichter fällt, mich einzugewöhnen.

So, jetzt habe ich schon wieder viel mehr geschrieben, als ich eigentlich wollte. Liebe Grüße aus Südafrika,

Kerstin

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