Sonntag, 2. Oktober 2016

Wochenende 2 - National Heritage Day



Hallo zusammen,





Direkt auf mein zweites Wochenende hier in Südafrika fiel ein wichtiger Feiertag für die Südafrikaner: National Heritage Day, oder auch National Braai Day genannt. Dieser ist immer am 24. September. Am Tag zuvor hat mich Glen, der Mann meiner Mentorin, abgeholt und ich habe das Wochenende in Strandfontein verbracht. Am Freitagabend haben die beiden mich netterweise mit zu einer Geburtstagsüberraschungsfeier von einem Mann namens Alec aus der Kirchengemeinde mitgenommen. Dort gab es sehr viel Essen, das hat mir sehr gut geschmeckt, und der Abend war generell sehr schön. 




Die Esserei ging am nächsten Tag direkt weiter. Der National Heritage Day wurde zum ersten Mal am 24. September 1995 gefeiert. An diesem Tag sollen die Menschen in Südafrika sich der vielen unterschiedlichen Traditionen in ihrem Land bewusst werden und sie zelebrieren. Durch eine Werbekampagne im Jahr 2005 wurde die Tradition des „Braais“ an diesem Tag eingeführt. Braais sind Barbecues, bei denen sehr viel Fleisch gegrillt wird. Neben dem leiblichen Wohl steht aber der soziale Aspekt im Vordergrund. Ich war am National Braai Day bei einem Familien-Braai zusammen mit meiner Gastoma in Strandfontein. Leider war es noch sehr kalt, sodass man auf die Dauer draußen doch gefroren hat. Gegen Abend haben wir noch Spiele zusammen gespielt: Zuerst 30 seconds, das ein wenig wie Tabu funktioniert. Man muss innerhalb von 30 Sekunden möglichst viele Begriffe erklären, die das Team erraten muss. Das artet dann meistens in Geschrei aus, weil jeder den Anderen übertönen will. Im Anschluss daran haben wir noch Jenga gespielt, wo ich dank langjährigem Training mit Mama ungeschlagene Siegerin wurde. 






Am nächsten Morgen bin ich wieder mit in die Kirche gegangen. Dort habe ich meine Mentorin Rosy, die die Orgel spielt, mit meiner Flöte begleitet. Das Spielen habe ich doch noch nicht ganz verlernt. Außerdem hat die Kolpingfamilie an dem Tag Bacon and Egg Rolls, also Brötchen mit Schinken und Ei, verkauft. Dort habe ich erst bei der Zubereitung und später beim Verkauf geholfen. Ich muss ja meiner Bäckerkarriere weiter führen. Allerdings wären meine ehemaligen Mitarbeiterinnen in Deutschland wohl sehr entsetzt über die Brot- und vor allem Brötchenvarietät hier in Südafrika: Meistens findet man nicht ein einziges Körnchen anderes Getreide als Weizen in den Produkten. Ich muss zugeben, dass mir das doch ein bisschen fehlt. Ein schönes, körniges Brötchen mit Frischkäse… Über das Essen hier würde ich aber gerne noch einen separaten Blogpost machen. Am Sonntagmittag sind Rosy, Glen und ich dann nach Belleville im Norden von Kapstadt zu deren Tochter und ihrem einjährigen Sohn gefahren. Zunächst gab es Mittagessen (schon wieder Essen), und danach sind mir nach Milnerton gefahren. Dort gibt es fast direkt am Strand einen großen Flohmarkt, und beim Stöbern hat man einen wunderbaren Blick auf den Tafelberg. Dieser Blick wird vom Milnerton Beach sogar noch getoppt. Beim Sonnen kann man neben dem Tafelberg auch noch Robben Island und die Victoria & Alfred Waterfront bewundern. Der Wettergott meinte es an dem Tag auch gut mit uns, bei 25 Grad konnten wir das Wochenende am Strand ausklingen lassen, bis es dann für mich gegen Abend wieder nach Seawinds ging, um genügend Schlaf für die neue Arbeitswoche zu bekommen.











Ich muss sagen, ich fühle mich immer wohler hier. Die Zeit ist rasend schnell vergangen, und ich kann kaum glauben, dass ich schon drei Wochen hier bin, am nächsten Sonntag ist schon der erste Monat vorbei. Auch mein Heimweh ist weniger geworden. Ich bin nur immer sehr müde, wenn ich von der Arbeit komme, da ich teilweise über 10 Stunden am Tag im Projekt bin. Das macht aber nichts, denn die Zeit dort vergeht immer sehr schnell. Mit den Kindern komme ich auch gut klar, wir haben uns mittlerweile angefreundet. Die sind aber auch immer unglaublich süß und stellen mir unzählige Fragen. So werde ich zum Beispiel immer gefragt, wieso meine Haare so lang und so glatt sind. Diese dienen auch häufig als Spielzeug und ich bekomme verrückte Frisuren verpasst. Es gibt aber auch Momente, die mich zum Nachdenken bringen. Die Kinder wollen immer, dass ich sie an der Hand halte, wenn sie über eine Reihe Autoreifen balancieren, die rund um die Spielfläche bei Mothers Unite angelegt ist. Ein Mädchen rennt immer sehr schnell, und ich habe aus Spaß gesagt, sie solle doch bitte nicht so rennen, ich sei doch schon alt. Daraufhin sah sie mich an sagte Folgendes: „Aber du bist doch weiß! Weiße Menschen können nicht alt werden.“ Im ersten Moment war ich zu verblüfft, um darauf zu antworten, doch als ich später versucht habe, sie vom Gegenteil zu überzeugen, beharrte sie auf ihrer Meinung. Als ich darüber nachgedacht habe, ist mir klar geworden, dass bestimmte Bilder, die während der Kolonialzeit erzeugt wurden, immer noch in den Köpfen der Menschen vorhanden sind. Das ist angesichts der Tatsache, dass wir alle durch die Globalisierung schon viel enger zusammen gerückt sind, schon erschreckend. Ich weiß, dass ich hier vermutlich nicht alle Menschen von ihren Vorurteilen abbringen kann, aber selbst wenn ich es nur bei einer einzigen Person schaffe, würde diese Person vielleicht schon mit offeneren Augen und unvoreingenommen in die Welt hinaus gehen und ihren Teil zu einer guten Verständigung zwischen allen Nationen beitragen.




So, das war’s jetzt auch mit meiner Moralpredigt. Liebe Grüße an alle im kalten Deutschland. Hier sollen es übrigens morgen 27 Grad werden, nicht, dass ich euch jetzt neidisch machen will…




Kerstin

1 Kommentar:

  1. Liebe Ker, ich bin froh, dass Du Dich immer ein wenig mehr wohl fühlst. Ich hoffe, Du kannst die vielen Eindrücke gut verarbeiten. Ich hab übrigens heute bei dem Usselwetter hier (Regen, Schauer und kühl) die Heizung angemacht.
    Liebe Grüße
    Tante Co und Olli

    AntwortenLöschen