Hallo liebe
Blogleser,
Heute möchte ich ein paar Fakten mit euch teilen, die mir
in den fast fünf Monaten, die ich jetzt schon hier im südlichsten Land des
afrikanischen Kontinents verbracht habe, aufgefallen sind. Mir ist beim Verfassen
dieses Textes sehr wohl bewusst, dass er Stereotypen und auch Vorurteile
hervorrufen oder bekräftigen kann. Deswegen an dieser Stelle noch einmal der
Hinweis: All das sind genau wie der restliche Inhalts meines Blogs meine
persönlichen Eindrücke und Beobachtungen und gelten auf keinen Fall pauschal
für die gesamte Bevölkerung Südafrikas. Nehmt es mit Humor und tretet den
Menschen immer unvoreingenommen entgegen, falls ihr einmal den Weg in dieses
Land findet.
1) Südafrikaner
haben Style.
Und zwar den Jogginghosenstyle, am
liebsten mit Adiletten kombiniert. Auch Socken darin sind der Renner. Frauen
tragen meistens Flip-Flops. Diese modische Erscheinung hat sich auch auf mich
abgefärbt, was unschwer an dem weißen V auf jedem meiner Füße zu erkennen ist.
Für den Alltag kann ich diesen Trend nur unterstützen, aber ich musste schon
ein wenig schmunzeln, als ich eines Tages den Priester nach der Messe nicht
mehr in seiner Priesterkluft, sondern in einem Nike-Trainingsanzug mit den dazu
passenden Schlappen sah…
2) 50 Shades of how to drive adventurously.
Auto fahren kann hier mit dem Wort YOLO
gleichgesetzt werden. Grundprinzipien des südafrikanischen Fahrstils sind:
Anschnallen ist für Anfänger, das Auto ist nie voll,
Geschwindigkeitsbegrenzungen sind nur vage Richtlinien und die Hupe ist das
Hauptkommunikationsmittel im Straßenverkehr. Wer lauter hupt, hat Vorfahrt.
Hier gibt es übrigens nicht die Rechts-vor-Links-Regelung, an einer Kreuzung
halten alle Autos an und derjenige, der zuerst da war, fährt auch als erstes
wieder los. Funktioniert, habe ich mit eigenen Augen gesehen!
3) Heizungen
sind für Weicheier…
Kaum ein südafrikanisches Haus besitzt
eine Zentralheizung. Im Anbetracht der Jahresdurchschnittstemperaturen lohnt
sich die auch eher wenig. Trotzdem können die Wintermonate im Vergleich sehr
kalt werden. Und bei Temperaturen knapp über 10 Grad kühlen natürlich auch die
Häuser aus. Da wäre eine Heizung dann doch nicht schlecht.
4) …genau
wie Spülmaschinen.
Ich kenne genau einen Haushalt mit einer
Spülmaschine, doch auch die Familie benutzt diese kaum. Ist wahrscheinlich auch
besser angesichts der Wasserknappheit, die hier besonders in den Sommermonaten
herrscht.
5) Alles
ist lekker.
Ob Essen, Menschen, Kleidung oder
Erlebnisse - lekker kann für alles
verwendet werden. Das Wort ist Afrikaans und könnte mit super oder toll
übersetzt werden. Da Afrikaans vorwiegend in Kapstadt und im Western Cape
gesprochen wird, findet man diese Wendung in anderen Teilen des Landes eher
weniger.
6) Kosenamen
im Überfluss.
Jeder bekommt einen – einen Kosenamen.
Hier nur einige Beispiele: Mylove, Sweetheart, Sweetiepie, Missy, Baba,…
7) Thank
you, Lord.
Dieser Satz ist auf jede Lebenssituation
anwendbar. Du hast einen schweren Tisch hin und her getragen? Thank you, Lord.
Du hast dein Handy verlegt, dann aber wieder gefunden? Thank you, Lord. Deine
Mitarbeiterin hat ein ausgefallenes Mittagessen gekocht? Thank you, Lord.
Dieser Satz kann durch beliebige Wiederholungen von Jesus, Christ und Amen
erweitert werden, um ihm noch mehr Ausdruck zu verleihen.
8) Ping!
Das Mikrowellengeräusch gehört zum
Soundtrack des Alltags. Viele Südafrikaner lieben es, am Vortag oder morgens
vorzukochen und die Mahlzeit dann in der Mikrowelle aufzuwärmen. Teilweise wird
auf die normale Zubereitungsweise verzichtet und die Pizza wird in der
Mikrowelle gebacken. Was würde Doktor Oetker dazu sagen?
9) Chicken
ist kein Fleisch.
Wie einigen wohl bekannt ist, bin ich
Vegetarierin. Eine verlorene Seele in der südafrikanischen Gesellschaft, deren
Mitglieder sich in Sachen Fleischkonsum zu überbieten versuchen. Des Öfteren
wird mir auf die Aussage „I am a vegetarian, I don’t eat meat“ mit der Aussage
„And chicken?“ geantwortet. Ähm…nein? Seit wann wachsen die auf Bäumen?
10) Unterhaltung
durch Medien.
Der Südafrikaner hat es nicht gerne
still in seinem Wohnzimmer. Deswegen wird bei dessen Betreten sofort der An-Knopf
des Fernsehers gedrückt. Oder des Radios. Manchmal auch von beidem. GENAU
GLEICHZEI – okay nein, wir wollen nicht übertreiben.
11) Spuren
der Apartheid.
Jetzt kommen wir mal zu einem etwas
ernsteren Fakt. Mir ist aufgefallen, dass die Entfernungen zwischen den
einzelnen Vierteln, besonders hier in den Southern Suburbs, meistens recht groß
sind. Häufig findet man große freie Flächen, die dazwischen liegen und die
Viertel sind nur durch eine einzige Straße miteinander verbunden. Dies sind
Strukturen, die noch aus Apartheidzeiten bestehen. Die Regierung wollte die
jeweiligen Bevölkerungsteile bewusst vom Rest der Stadt abschneiden. Die
einzige Zufahrtsstraße bot ihnen ein gewisses Maß an Kontrolle, da sie diese
bei eventuellen Protesten einfach sperren konnten. Mittlerweile werden der
Stadt und ihrer Bevölkerung diese Strukturen langsam aber sicher zum
Verhängnis. Eine hohe Verkehrsdichte und die große Anzahl an Berufspendlern
führen zu verstopften Straßen und langen Staus zu den Stoßzeiten oder an
Ferientagen.
12) Weiß,
weiß, weiß sind alle unsere Autos.
Dies geschieht nicht etwa aus
ästhetischen Gründen. Doch aufgrund der hohen Anzahl von Verkehrsunfällen mit
Lackschäden schaffen sich viele Südafrikaner ein weißes Auto an. Der Grund:
Lackreparaturen sind deutlich kostengünstiger als bei farbigen Autos.
13) Die
Service-Nation.
Die Südafrikaner wissen, wie sie Jobs
schaffen können. So wird man auch auf dem komplett leeren Parkplatz vom
Parkplatzeinweiser in die Parklücke gewunken und sollte ihm dafür einige Rand
geben. An der Kasse werden die Einkaufstüten von einer Mitarbeiterin gepackt.
Diese werden danach von Trolleyboys in den Kofferraum geräumt und der
Einkaufswagen wird auch direkt mitgenommen. Und an der Tankstelle kommt der
Tankwart zu dir, füllt den Tank auf, putzt nebenbei noch die Scheiben,
kontrolliert den Ölstand oder den Reifendruck und übernimmt auch das
Abkassieren, sodass der Fahrzeuginhaber bequem im Auto sitzen bleiben kann. Was
ein Service!
14) 1738
2910…
… und am Ende hat man Elektrizität. Die 20-stelligen
Nummern können in den Tuckshops oder im Supermarkt gekauft werden. Die gibt man
dann in ein Gerät an der Wand ein – et voilà, es wird eine neue Anzahl an Units
angezeigt. Die Stromanbieter befürchten, dass die Menschen ihre Stromrechnung
nicht begleichen können. Also muss man im Voraus bezahlen. Und wenn man das vergisst, hat man
eben kein Licht.
15) Take
it easy.
So könnte man die Südafrikaner in einem
Satz beschreiben. Das bezieht sich zum einen auf ihre Einstellung zu allem, was
mit Pünktlichkeit und Zeitmanagement zu tun hat. Die konkreteste Zeitangabe,
die man bekommt, ist „nownow“, manchmal auch „just now“. Dabei handelt es sich
dann um früher oder (sehr viel) später. Und wenn etwas nicht funktioniert hat,
hört man folgenden Satz: „Don’t worry. We’ll make a plan!“
Ich habe mich an all diese Eigenheiten so sehr gewöhnt,
dass mir viele gar nicht mehr auffallen oder ich sie selbst praktiziere.
Besonders „nownow“ gefällt mir, da sich dadurch ein sehr großes Zeitspektrum
auftut. Doch ich habe auch gelernt, die Dinge nicht zu ernst zu nehmen und wenn
etwas nicht nach Plan läuft, einfach einen anderen Weg zu suchen. Funktioniert
echt lekker!
Noch einen lekker dag,
Kerstin
(Yes, eek
praat Afrikaans. En jy?)
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