Hallo ihr Lieben,
Einige haben es vielleicht in den Nachrichten
gesehen oder im Radio gehört: „The Mother of Storms“ ist am vergangenen
Mittwoch über Kapstadt, die Peninsula-Halbinsel und Teile der West- und
Südküste gezogen. Nach wochenlangem Warten auf Regen haben wir nun mehr als
genug davon. Von Dienstagabend bis Mittwochnacht gab es beinah sintflutartige Regenfälle
mit Hagel und teilweise Gewitter. Dazu kam ein überaus starker Wind. Wir sind
hier in Seawinds ja einiges gewohnt, aber dieser Sturm hat selbst die starken
Südost-Winde im Frühling übertroffen. Als ich am Mittwochmorgen früh aus dem
Haus gerannt bin, um unser Tor zu schließen, das durch den Wind aufgedrückt
wurde, bekam ich die Böen am eigenen Leib zu spüren. Diese haben ihre Spuren
hier in der Umgebung hinterlassen. Umgefallene Bäume gehören zu den harmloseren
Folgen. In den informal settlements in der Nähe wurden Shacks zerstört, Dächer
flogen weg und Fenster zerbrachen. In Lavender Hill wehten Teile der Hausdächer
davon. Bei Ma Pinn ist zum Glück nichts passiert. Bei Mothers Unite haben sich
leider einige Wellblechdächer von den Containern gelöst, die zur Abdichtung
gegen den Regen dienten. Als Konsequenz sind die Bücherei, der EFAR (größter
Raum auf dem Gelände) und einige andere Container nun ziemlich nass von innen.
Ansonsten ist aber nichts passiert und es ist niemand zu Schaden gekommen. Wir haben
jedoch mit diesem Naturereignis gesehen, dass der Klimawandel auch in Südafrika
angekommen ist. Auf einen heißen Sommer und einen extrem trockenen und langen
Herbst folgt ein monsunartiger Wintereinbruch – die Wetterereignisse werden
extremer. Darauf ist die Infrastruktur hier aber meiner Meinung nach noch nicht
vorbereitet. Es besteht definitiv noch Schadensbegrenzungspotential.
Ansonsten ist in den letzten Wochen wieder
viel passiert, besonders in meinem Projekt:
Zähne
putzen nicht vergessen!
Ich hatte den Auftrag von meiner Chefin,
einen Workshop zum Thema Zähne putzen vorzubereiten und diesen anschließend mit
allen Kindern bei Mothers Unite durchzuführen. Dazu habe ich natürlich nicht
Nein gesagt und mich sofort daran gemacht, Plakate mit Infos über Zähne und die
wichtigsten Regeln zur Zahnhygiene zu gestalten. (Einige werden über Plakate im
digitalen Zeitalter vielleicht lachen, aber ich habe das Gefühl, dass sie sich
besser gestalten lassen als Power Point Präsentationen. Mit denen kann ich mich
einfach nicht anfreunden…) In der darauffolgenden Woche demonstrierte ich
Klasse für Klasse, bewaffnet mit einer Zahnbürste, wie man am effektivsten
seine Zähne putzt. Die Kids hatten sichtlich Spaß bei der Sache und waren sehr
motiviert. Als Belohnung durfte jeder eine Zahnbürste und eine Zahnpasta mit
nach Hause nehmen. Jetzt bekomme ich
jeden Tag ein langes und breites Grinsen von den Kindern mit dem Kommentar:
„Guck mal, wie schön ich meine Zähne geputzt habe!“
Höher,
höher!
Da ich noch einige Spendengelder übrig hatte,
beschloss ich, diese in die Reparatur der Schaukeln auf dem Spielplatz von
Mothers Unite zu investieren. Dafür verbrachte ich einige Zeit im lokalen
Baumarkt (und wurde tatsächlich recht komisch angeschaut, da Frauen im Baumarkt
hier eher eine Seltenheit sind) und belagerte dort einen Mittarbeiter, der mit
mir die nötigen Teile zusammen suchte. Einige Tage später demontierte ich mit
der Hilfe von Gary, einem sehr talentierten Handwerker, die alten Halterungen,
die im Laufe der letzten gut 10 Jahre ziemlich rostig geworden waren. Danach
hängten wir die Schaukeln mit den neuen Halterungen auf und bewunderten später,
wie die Kinder darauf Spaß hatten.
Ist
das Kunst oder kann das weg?
Manch einer mag bei diesem Bild vielleicht
denken: Was soll der ganze Müll da? Wieso wird das Gelände nicht vernünftig
gesäubert? Tatsächlich handelt es sich hier bei einem Projekt vom CTICC (Cape
Town International Convention Center) mit Ward 67. Das ist das Gebiet, für das
Councillor Gerry Gordon, ehemalige hauptberufliche Direktorin von Mothers
Unite, zuständig ist und unter das auch Mothers Unite und mein Viertel,
Seawinds, fallen. Hier gibt es einige informal settlements, unter Anderem
Military Heights, Village Heights und Overcome Heights. Die Menschen dort leben
in Shacks, da sie sich kein Haus leisten können und die Regierung nicht die
Ressourcen hat, Häuser für alle Bewohner bereitzustellen. Das CTICC hat Holz
von Ständen von diversen Messen containerweise in unsere Community gebracht,
das die Menschen benutzen, um ihre Shacks auszubessern und für den Winter
vorzubereiten. Mothers Unite diente dabei als Bindeglied zwischen Spender und
Bedürftigen und regelte die Verteilung des Holzes. Dabei wurde darauf geachtet,
dass jeder eine Chance bekommt, sich etwas Holz mitzunehmen und ein Register
darüber geführt, wer sich wann Material abgeholt hat. Darüber hinaus hat
Mothers Unite die Verbindungen zu den Mitgliedern der Community und besonders
zu den Anwohnern in den informal settlements. Ich bin einige Tage, nachdem Holz
geliefert wurde, im informal settlement namens Village Heights gewesen und habe
tatsächlich einige der Holzspenden vom CTICC wieder erkannt. Ich war sehr
beeindruckt davon, wie die Menschen mit ihrer Situation umgehen. Es ist nicht
einfach, unter solchen Bedingungen zu
leben. Village Heights ist jedoch sehr organisiert. Es gibt eine Community
Leaderin, die gemeinsam mit einem Team für Ordnung sorgt. Es besteht ein
Register über die Anzahl von „Squattern“, wie viele Kinder es gibt und welche
Häuser über Wasser und Strom verfügen. Die „Straßen“ wurden breit gehalten,
damit Rettungskräfte im Ernstfall Zugang haben. Wenn eine Familie in ein Haus
zieht, wird die entsprechende Shack abgerissen und dafür gesorgt, dass keine
neue illegale Struktur entsteht. Somit wird das informal settlement auf lange
Zeit verschwinden und die Fläche kann zum Bau von neuen Häusern genutzt werden.
Man muss dazu sagen, dass dieses settlement eines der kleineren ist und nur
über knapp 400 Strukturen verfügt, wenn ich mich richtig erinnere. Trotzdem war
ich sehr beeindruckt und bin dankbar, solch einen tiefen Einblick in Südafrikas
Problemzonen bekommen zu haben.
Time
of Change
Mothers Unite wird im August 10 Jahre alt – und
es war an der Zeit, das Center auf Vordermann zu bringen. Diese Aktion wurde
erneut vom CTICC gesponsert. Eine Woche lang hatten wir jeden Tag andere
Dienstleister zu Besuch: Von Elektrikern über Dachdecker, Teppichleger und die
Gebäudereinigung bis zu freiwilligen Helfern vom CTICC, die den Containern
einen neuen Anstrich verpasst haben und somit die Organisation in einem neuen
blau erstrahlen ließen. Ich habe mich über all diese Veränderungen sehr
gefreut. Einige Arbeiten waren auch mittlerweile ziemlich dringend. Ein
Containerdach war zum Beispiel total verrostet und der Container somit
unbrauchbar. Jetzt kann Mothers Unite das Jahr des 10-jährigen Jubiläums aber
gebührend begehen.
IZIKO
Was ist das denn?, denken jetzt vielleicht
einige. IZIKO ist der Museumsverband hier in Kapstadt, der unter anderem ein
Naturkundemuseum, ein Geschichtsmuseum und ein Kunstmuseum unterhält.
Gleichzeitig hat IZIKO Partnerschaften mit Schulen, um die Kinder mit Museen
vertraut zu machen. Über einen Kontakt hat auch Mothers Unite die Möglichkeit
bekommen, das IZIKO MOBILE bei sich zu empfangen. Obwohl es sich um einen
Samstag handelte, fanden sich sehr viele Kinder ein, um die Ausstellungsstücke
zu bewundern und einige interessante Dinge über ihre Umwelt und andere Themen zu
lernen. Anschließend hat jedes Kind seinen eigenen Perlenarmreif fabriziert, da
das Perlenhandwerk in der Xhosa- und Zulukultur und auch in der
Touristenbranche als Souvenirs sehr verbreitet ist. Der Vormittag war sehr
lehrreich und spannend und ein kleiner mündlicher Test am darauffolgenden
Montag zeigte dazu noch, dass die Kids wirklich etwas gelernt haben.
Soviel zu den Geschehnissen der letzten
Wochen. Die Wochenenden habe ich mit verschiedenen Aktivitäten verbracht. Ende
Mai war eine Freiwillige, die ich von meinem Zwischenseminar kenne, zu Besuch,
und wir haben zusammen mit Denja, einer Freiwilligen hier in Kapstadt einiges
unternommen. Zuerst waren wir in einem Outlet, dann in der Old Biscuit Mill in
Woodstock und anschließend haben wir den Lions Head erklommen, um den
Sonnenuntergang anzuschauen. Der ist hier mittlerweile schon um viertel vor
sechs! Abends haben wir noch – typisch südafrikanisch – gebraait und uns
unterhalten. Am Wochenende danach kam meine ganze Gastfamilie zu Besuch und wir
verbrachten einen schönen Nachmittag hier bei meiner Gastoma. Das erste
Juniwochenende verbrachte ich in
Strandfontein bei meiner Mentorin und wir nahmen nach einer großen Messe am
Pfingstsonntag an der Potjiekos-Competition teil. Dies ist ein Wettbewerb, bei
dem ein sogenannter „Potjie“ gekocht werden muss. Das ist eine Art Eintopf, der
in einem großen Metalltopf über dem Feuer gekocht wird. Normalerweise enthält
er Fleisch, verschiede Arten von Gemüse, darunter Möhren und Kartoffeln, und
wird mit Reis oder Rotis (große Teigpfannkuchen) gegessen. Unser Thema war
„Asian Hotpots“ und wir hatten vier verschiedene Potjies plus Beilagen wie
Frühlingsrollen, Pho und Bentoboxen. Im Laufe des Wettbewerbs kamen drei
Juroren zu den Ständen und probierten das Essen. Am Ende haben wir die
Competition tatsächlich gewonnen! Der Erlös der Stände kommt der Kirche für
zukünftige Vorhaben zugute. Das Wochenende war zwar anstrengend, es hat aber
auch sehr viel Spaß gemacht!
Jetzt bleibt nur noch knapp ein Monat, dann
kommt Judith schon. Unser Roadtrip ist soweit geplant – es kann also bald
losgehen!
Liebe Grüße und bis bald,
Kerstin